Fanmitschnitte, Bootlegs und Co.
- Günni
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Fanmitschnitte, Bootlegs und Co.
Es war einmal eine Band, die spielte sich landauf und landab in die Herzen ihrer Fans, und das schon in den Tagen als „Rock“ noch ein ziemlich junger Teil der Jugendkultur war. Bald schon erfreute sich die Gruppe eines großen und stetig wachsenden Fankreises. Das war kein Wunder, denn ihre Shows sprengten lässig das gängige Eineinhalb-Stunden-Muster. Da wurde schon mal drei, vier Stunden lang gespielt. Sogar mancher Song konnte an der 60-Minuten-Hürde kratzen und zeitweise wurde gejammt, bis der Strom abgeschaltet wurde. Doch nicht nur die Musik allein war ein Teil des Geheimrezepts dieser außergewöhnlichen Combo, vielmehr war sie bekannt für ihre sprichwörtliche Nähe zu ihren Fans. Man legte Wert drauf, dass nach dem Konzert Jeder und Jede gerne am Bühnenrand gesehen war.
Klar, dass die begeisterten Verehrer dieses Musikphänomens bald nach mehr Souvenirs lechzten als der beste Merchandisingstand oder Plattenladen zu bieten hatte. Man wollte das unmittelbare Liveerlebnis konservieren und so schmuggelten findige Fans ihre Cassettenrecorder in die Konzerte und schnitten mit. Die Aufnahmen wurden dann kopiert und mit Gleichgesinnten getauscht. Ein paar findige Geldgeier brutzelten auch andere Tonträger aus diesen Mitschnitten und verscherbelten sie als Bootlegs.
Was passierte nun? Wurden Anwälte eingeschaltet? Rannten die Musiker „Zeter & Mordio“ rufend durch die Lande und riefen die Staatsgewalt auf den Plan? Natürlich nicht. Schließlich lebte man auf der Bühne eine leicht anarchistische Haltung von „Illegal …illegal? Scheißegal!!!“ vor. Zudem erkannten die Jungs, dass die Fantapes die Popularität der Gruppe sogar noch mehrten und so rief man sogar nachdrücklich dazu auf, die Konzerte mitzuschneiden - „Tapers erwünscht!“. So kamen immer mehr Freunde der Livespektakel auf den Trichter und besorgten sich immer professionelleres Aufnahme-Equipment. Einige begannen sogar damit, Filmchen zu drehen.
Ließen die Verkäufe der offiziellen Veröffentlichungen der Band damit nach? Im Gegenteil! Im Internetzeitalter wurde die Verbreitung von Fanaufnahmen auf der Plattform https://www.archive.org von der Band nicht nur geduldet, sondern sogar nachdrücklich gefördert. Man wertete sogar aus, welche Publikumsmitschnitte besonders beliebt waren und veröffentlichte diese Shows dann in professioneller Mint-Qualität auf Silberling. Und diese Releases finden bis heute reißenden Absatz, obwohl die gleiche Musik ja fast kostenlos verfügbar war. Bis heute halten die Follower dieser außergewöhnlichsten Band des Rockuniversums die Stange, „Last Parties“ hin oder her.
Von welcher Band ist hier die Rede? „Grobschnitt“? Gott bewahre! Ich schreibe hier über die „Grateful Dead“. Sie zeigten mit ihrer hippiesken Gelassenheit, dass Rock nicht nur marktwirtschaftlichem Businessgebaren folgt und Erfolg auch mit scheinbar unwirtschaftlichen Maßnahmen erreicht werden konnte - und, dass ihre Fans sich bis heute ernst genommen fühlen und sich nicht nur als Konsumenten zu fühlen brauchen. So manche Combo, die mit dieser Westcoastlegende verglichen wird, täte ebenfalls gut daran, ein wenig dieser Gelassenheit an den Tag zu legen.
Oder heißt es heutzutage wirklich nur noch „the rock became a business, the business became a mess“?
Ich halte mich da lieber an…
Go for Love - Günni
Klar, dass die begeisterten Verehrer dieses Musikphänomens bald nach mehr Souvenirs lechzten als der beste Merchandisingstand oder Plattenladen zu bieten hatte. Man wollte das unmittelbare Liveerlebnis konservieren und so schmuggelten findige Fans ihre Cassettenrecorder in die Konzerte und schnitten mit. Die Aufnahmen wurden dann kopiert und mit Gleichgesinnten getauscht. Ein paar findige Geldgeier brutzelten auch andere Tonträger aus diesen Mitschnitten und verscherbelten sie als Bootlegs.
Was passierte nun? Wurden Anwälte eingeschaltet? Rannten die Musiker „Zeter & Mordio“ rufend durch die Lande und riefen die Staatsgewalt auf den Plan? Natürlich nicht. Schließlich lebte man auf der Bühne eine leicht anarchistische Haltung von „Illegal …illegal? Scheißegal!!!“ vor. Zudem erkannten die Jungs, dass die Fantapes die Popularität der Gruppe sogar noch mehrten und so rief man sogar nachdrücklich dazu auf, die Konzerte mitzuschneiden - „Tapers erwünscht!“. So kamen immer mehr Freunde der Livespektakel auf den Trichter und besorgten sich immer professionelleres Aufnahme-Equipment. Einige begannen sogar damit, Filmchen zu drehen.
Ließen die Verkäufe der offiziellen Veröffentlichungen der Band damit nach? Im Gegenteil! Im Internetzeitalter wurde die Verbreitung von Fanaufnahmen auf der Plattform https://www.archive.org von der Band nicht nur geduldet, sondern sogar nachdrücklich gefördert. Man wertete sogar aus, welche Publikumsmitschnitte besonders beliebt waren und veröffentlichte diese Shows dann in professioneller Mint-Qualität auf Silberling. Und diese Releases finden bis heute reißenden Absatz, obwohl die gleiche Musik ja fast kostenlos verfügbar war. Bis heute halten die Follower dieser außergewöhnlichsten Band des Rockuniversums die Stange, „Last Parties“ hin oder her.
Von welcher Band ist hier die Rede? „Grobschnitt“? Gott bewahre! Ich schreibe hier über die „Grateful Dead“. Sie zeigten mit ihrer hippiesken Gelassenheit, dass Rock nicht nur marktwirtschaftlichem Businessgebaren folgt und Erfolg auch mit scheinbar unwirtschaftlichen Maßnahmen erreicht werden konnte - und, dass ihre Fans sich bis heute ernst genommen fühlen und sich nicht nur als Konsumenten zu fühlen brauchen. So manche Combo, die mit dieser Westcoastlegende verglichen wird, täte ebenfalls gut daran, ein wenig dieser Gelassenheit an den Tag zu legen.
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Re: Fanmitschnitte, Bootlegs und Co.
Ab hier wusste ich, dass es sich irgendwie nicht um Grobschnitt handeln konnte...Günni hat geschrieben:und so rief man sogar nachdrücklich dazu auf, die Konzerte mitzuschneiden - „Tapers erwünscht!“.
Schöner Text, Günni!
Gruß Uwe.
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