Milla, meine Erwähnung des "Sockenballs" war eigentlich auch nur in Bezug auf die Zeit
Deines Eintritts bei Grobschnitt gedacht. Ich bin mir nicht sicher ob es hier jemanden
interessiert. Die Geschichte hat ja mit dem eigentlichenThread hier nicht wirklich was zu tun.
Aber wenn es jemanden interessieren sollte(?), kann ich hier gern mal ein "kleines Referat"
über dieses denkwürdige Ereignis in der Hagener Musikgeschichte halten.
Exil-Hagener hat geschrieben:
Aber wenn es jemanden interessieren sollte(?), kann ich hier gern mal ein "kleines Referat"
über dieses denkwürdige Ereignis in der Hagener Musikgeschichte halten.
Ich lese mich hier gerade durch diesen schönen "Fred". Das ist ja alles hochinteressant! Danke, lieber Milla, für deine laaangen Ausführungen, es ist wirklich spannend und unterhaltsam!
@ Exil-Hagener: Go for Referat!
TX @ all
Irmi
Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht ! Keep smiling ...
Es scheinen sich doch immer mehr in die "Untiefen" dieses Forums zu
verirren wo nicht nur "getwittert" wird.
An alle lieben "neugierigen Historiker" ich arbeite dran. Bin ja nicht Erke
der schon wohlwissentlich alles fertig in der Schublade hat.
Eine kurze Frage vor dem "referieren" hätte ich aber noch. Mir fällt gerade
auf das Milla und auch Irmi in ihren Texten immer ein @ Zeichen vor
den jeweiligen Usernamen machen, hat das irgendeinen Grund den ich
noch nicht kennen sollte, oder ist das eine reine Spielerei?
Man möge mich aufklären.
Wenn, wie es in diesem Falle ein weiteres Mal sein dürfte, der Inhalt des Referates hochinteressant u. spannend zugleich ist, hat der Lesemuffel keine Chance!
Ich bin gespannt!
Aber lass dir Zeit, nicht, dass du noch etwas vergisst..... liegt ja schon ein Weilchen zurück......
Der Hagener Sockenball am
Rosenmontag, dem 18.02.1980,
oder der “Grünen” letzter Streich
Wat is denn eigentlich der Sockenball?
Das fragt jetzt sicher nicht der “ortskundige” Grobschnitt Fan, denn
der sollte es eigentlich wissen. Für alle anderen, die nicht aus dem
“deutschen Liverpool der 80er Jahre” stammen, hier eine kurze Einführung.
In Hagens größter Sporthalle durfte einmal im Jahr auch “laut musiziert”
werden, zumindest von Anfang der 70er bis 1980. Die Halle durfte am
“heiligen Rosenmontag” nur mit Socken oder Turnschuhen betreten
werden, daher der Name.
Dabei spielte es keine Rolle, ob man diese Fußbekleidung schon draußen
im Schnee getragen hatte oder nicht, Hauptsache man hatte die
Winterstiefel zuhause gelassen.
Grobschnitt, die Scorpions, Karthago, Epitaph und etliche Lokalgrößen
rockten in dieser Zeit, immer an Karneval des “Basketballers Wohnzimmer”.
Über die volle Länge eines Handballfeldes waren immer drei Bühnen aufgebaut,
wobei die mittlere immer die höchste war und dem Top-Act quasi als Thron diente.
So auch am im Februar 1980, die Stripes ganz rechts und als Vorgruppe ganz
ohne Bühne, also auf dem Boden der Tatsachen spielend. Green ganz links und
als “Die Lokalmatadoren” auch, auf einer immerhin, halbhohen Bühne und in
der Mitte der Thron für Wallenstein, die ja mit "Charlene" senkrecht” aus dem
Kraut in den Pop-Himmel geschossen waren und auch Ilja Richter schon einen
Besuch abgestattet hatten.
Ob schon im frühen Planungsstadium der Veranstaltung klar war, das es
der letzte Green Auftritt werden sollte, entzieht sich meiner Kenntnis.
Irgendwann wurde es dann aber bekannt und selbst in den Büros des
Hagener Jugendamtes, die das ganze veranstalteten, spürte man wohl
das dieses Karriereende “emotionaler Sprengstoff” werden könnte.
Kurzerhand schwang sich ein “mutiger Beamter” ans Telefon um das
Wallenstein Management über die “explosive Sachlage” aufzuklären
und man bat sie doch vor Green aufzutreten.
Was sie aber partout nicht wollten und so kam was kommen musste....
Die Halle war voller als je zuvor, um die 2000 Leute waren es wohl und
die Stripes mit einer sichtlich nervösen und noch relativ bühnenunerfahrenen
Gabriele Susanne Kerner “wavten” am Mittag los. Einige hundert Fans
hatten sie wohl mitgebracht, aber der Großteil wartete nur auf eins,
nämlich auf das “Grande Finale” von “Hohenlimburgs Oldierockern”.
Am späten Nachmittag war es dann soweit, man hatte sich mit
“Deutschland bester PA” eingekleidet, (wenn mich da meine Erinnerung
nicht trügt) um dem festlichen Rahmen auch den nötigen Klang zu
verleihen. Die Ischelandhalle bebte förmlich, Milla und Hagens “ best
Rockgitarrist ever” Bubi Hönig auf seiner “alten Gibson Explorer”, sowie
der Rest der Band zündeten einen Oldieknaller nach dem anderen und
rockten das Haus wie selten zuvor. Als Milla dann verkündete “das ist das
letzte Stück was Green jemals spielen wird”, (Das dem nicht so war,
wusste er ja damals selber noch nicht) waren die Leute, mit mehr als einer
Träne in den Augen, völlig aus dem Häuschen. Es folgten noch etliche
Zugaben und die Band entließ dann endgültig das sichtlich gerührte und
emotional hoch aufgewühlte Publikum.
Auch jetzt beim Schreiben, rund 30 Jahre danach, fällt mir auf Anhieb
eigentlich keine Band ein, die nach einem solchen “Emotionsfeuerwerk”
ein Bein auf die Erde bekommen hätte (Vielleicht außer der uns
wohlbekannten Forumsband).
Also, um es kurz zu machen Wallenstein hatte keine Chance und sie
nutzten sie auch nicht!
Trotz gutem Sound und redlicher Bemühungen, wie bspw. mit “Charlene”
schon als drittem Stück um überhaupt “Land zu gewinnen”. Nein, sie
bekamen das Publikum und da zähle ich mich dazu, mit ihrem “poppigen
Rock”, der irgendwie weder nach “Fisch oder Fleisch” klang, nicht mehr auf
ihre Seite. Mit verkürztem Set und ohne Zugaben ging das ganze dann zu
Ende. Was sicherlich schade war, aber sie können nicht behaupten man
hätte sie nicht vorgewarnt.
Im Interview danach beim Musikertreff, der damals hiesigen Hagener
Musikzeitung, meinte dann auch ein sichtlich "angefressener" Jürgen Dollase
(Chef und Keyboarder von Wallenstein), das er das ganze nicht verstehe
und die Leute sicher was verpasst hätten.
Die Green Fans sahen das sicher anders, aber die sollten ja auch noch
viele Jahre danach bis heute, ordentlich “grünen Nachschlag” bekommen,
auch wenn mir persönlich der “grobe” lieber ist...
Mit einem schönen Gruß vom
Exil-Hagener
Zuletzt geändert von Exil-Hagener am 04.10.2009, 18:04, insgesamt 3-mal geändert.
Ein sehr schönes Referat, lieber Exil-Hagener, an manches Detail konnte ich mich gar nicht mehr so genau erinnern. Ich würde deinen Bericht gerne um ein paar "grobschnittige" Details erweitern:
Es war ja deshalb der zu der Zeit geplante letzte Greenauftritt (es sollte später noch mehrere legandäre Abschiedskonzerte geben), weil ich gerade bei Grobschnitt eingestiegen war. Ich bat meine neue Band um die Erlaubnis noch ein letztes Konzert auf dem legendären Sockenball geben zu dürfen, sie wurde mir problemlos gewährt.
Vor allem die Roadcrew hörte mit großem Interesse zu, als ich erzählte, dass Wallenstein Top-Act sein sollte. Ich glaube, vor allem Ballermanns Augen strahlten vor Begeiterung, als er sagte:" Da machen wir doch mal einen ganz besonderen Abend draus". Das führte zu der Konsequenz, dass Wallenstein zwar in der Mitte die etwas höhere Bühne hatte, aber auf der Green Seite das komplette Grobschnitt Equipment aufgebaut wurde. Fast die gesamte Roadcrew war angereist inclusive Geheimrat und dem legendären Udo "Glockenklang" Klempt-Gießing. Es wurde mit nichts gespart, die ganze riesige Lichtanlage und PA der Merry-Go-Round-Tour stand auf einmal in der Halle, die Wallenstein Anlage wirkte dagegen ziemlich mickrig und ihre Roadies bekamen den Mund nicht mehr zu. Mit dieser Unterstützung wirkte der Green Auftritt dann natürlich noch um einiges imposanter. Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass die damalige Grobschnitt Roadcrew das alles umsonst und nur aus Spaß gemacht hat, Green hätte sich das niemals leisten können. Aber so waren die Jungs damals, für einen guten Gag immer zu haben.
Green war in Hagen richtig angesagt (zu der Zeit übrigens noch ohne Tatti und ATS) und das Publikum hat zum Abschied getobt, es war sehr bewegend.
Die Grobschnitt Musiker haben sich das Spektakel natürlich auch alle angesehen und hatten (wie ich vermute) ihren Spaß.
Viele Grüße,
Milla
When we feel, when we dream, when we love, we can meet there beyond Rockpommels Land.
Besten Dank für die Komplimente zu meinem "kleinen Referat" und auch
Deinen sehr interessanten Nachtrag Milla, da hat mich meine Erinnerung
doch nicht im Stich gelassen, was die Grobschnitt Anlage betraf,
beim Licht war ich mir nicht mehr sicher und es stimmt Eure Bühne war
deutlich imposanter als die mittlere.
Ich habe übrigens bewusst nur "Bubi" und Dich erwähnt, weil ich mich an
den anderen Teil der Besetzung an dem Abend nicht mehr erinnern konnte,
"Shugar Lindemann" war glaube ich auch dabei.
An eines der von Dir erwähnten Abschiedskonzerte erinnere ich mich auch noch gut
und zwar an den "Geheimauftritt" in einem Saal hinter dem Hagener Rathaus,
(Fachhochschule glaube ich) auch mit Grobschnit PA, soviel ich weiß, mit Toni
an den Percussions und Lupo im Publikum.
Zuletzt geändert von Exil-Hagener am 01.10.2009, 14:56, insgesamt 2-mal geändert.
Nach Millas sehr interessantem Nachtrag ist mir auch noch eine "Kleinigkeit"
eingefallen, womit wir dann auch wieder die Kurve zu Grobschnitt kriegen,
damit das Thema nicht zu sehr abdriftet, auch wenn es Spass macht.
Als wir auf dem Weg zum Sockenballl den Berg runter kamen, sahen wir das
neben der Ischelandhalle, ziemlich auffällig, der allseits bekannte "Tuffi
LKW" parkte was uns doch recht erstaunte.
Nach der Einlasskontrolle im Foyer sahen wir dann einen gut gelaunten
und breit grinsenden "Ballermann" lässig an einen Pfeiler gelehnt, stehen.
Was uns noch mehr verdutzte, " was macht der denn hier, hat der sich
verirrt" raunte man sich zu.
Nachdem wir die Treppenstufen rauf, die Halle erklommen hatten,
wusste wir dann schlagartig warum "Mr. Show" himself vor Ort war.
Das imposante Bild bot sich genau so dar wie Milla es oben so schön
beschrieben hat und ich kann mir gut vorstellen, das "Balli" heute noch
grinst wenn er an den Tag denkt.
Während des Konzertes machte in der Halle, dann auch erstmalig das
Gerücht die Runde, das Popo nicht mehr bei Grobschnitt war und
das war natürlich genau wie das Ende von Green erst mal eine traurige
Nachricht, über Milla wurde gemunkelt, aber man wusste nichts genaues.
Aber wie formulierte es Erke, später auf dieses Thema angesprochen, so
schön: "Veränderung ist Leben und Leben ist das was Grobschnitt immer
ausgezeichnet hat" und dem ist glaube ich nichts hinzuzufügen.
Ich denke DIES hier passt vielleicht auch ganz gut hierhin:
Das Heftchen "Musikertreff" erschien in den 80ern in Hagen und Umgebung. Hier gab Milla nach seinem Einstieg bei den Groben eines seiner ersten Interviews. (Fast 30 Jahre her!).
Da der Text sehr schlecht zu scannen war, habe ich ihn einfach mal so abgetippt. Hoffe er ist nicht zu "groß". Viel Spaß beim Lesen.
PS: Kommentar von Milla heute wäre vielleicht auch ganz interessant
(Plektrum, Lehrer, Single,...)
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+hat mit 14 Jahren angefangen Lead-Gitarre zu spielen
+1974 von der Gitarre auf den Bass umgestiegen
+1975 Bassist bei den „Roaring Sixties“, aus denen später GREEN wurde
+Februar 1980 Bassmann bei GROBSCHNITT
MT: Wie kam es, dass Du damals von der Leadgitarre zum Bass gewechselt hast?
Milla: Es war für mich ein ziemlich großes Erlebnis, als ich 1974 „YES“ zum ersten mal in Dortmund gesehen habe. Sowas wir Chris Squire am Bass hatte ich vorher noch nie gehört.
„YES“ macht ja ziemlich polyphone Musik, und so spielt der Bass dabei auch `ne ganz andere Rolle als in der herkömmlichen Rockmusik. Das hatte mich damals ganz schön angemacht, und von da ab wollte ich nur noch Bass spielen, was sich bis heute nicht geändert hat.
Ja und dann habe ich mir sofort `nen Rickenbaker gekauft,weil Chris Squire auch einen hatte und für mich ist das noch heute DER Bass. Ich hab´ inzwischen viele ausprobiert, aber ich komm auf keinem anderen so zurecht wie auf dem Rickenbaker und auch der Sound, den ich jetzt habe, entspricht 100%ig meinen Vorstellungen.
MT:Was spielst Du den im Moment für eine Anlage?
Milla: Ich spiel´ auf dem Bass Rotosound-Saiten. - Verstärker und Boxen habe ich von Acoustic und Dynachord.
MT:Warum hast Du zwei Verstärker?
Milla: Ich gehe erst in den Acoustic und von da in den Dynachord. So habe ich mehr Klangmöglichkeiten.
MT: Spielst Du eigentlich immer mit Plektrum, oder auch mit den Fingern?
Milla: Ich spiele immer mit Plektrum, weil gerade der Rickenbaker ideal fürs Plektrum ist, denn die Saiten liegen etwas näher zusammen, als bei den anderen. Außerdem neigt man mit Fingern dazu, Funky oder Jazz zu spielen und das ist überhaupt nicht das, was ich unter Bassspiel verstehe und wie ich es liebe. - Ich habe inzwischen auch meine eigene Technik entwickelt und die ist eben nur mit Plektrum möglich.
MT: Welche Funktion hat der Bass für Dich ?
Milla: Das kommt auf die Gruppe an. Bei GREEN habe ich immer einen reinen Rockbass gespielt. Ich versuchte den untermalenden, ausfüllenden Effekt zu schaffen.
MT: Hat sich das bei GROBSCHNITT jetzt geändert?
Milla: Zum Teil ja! Das war auch ein Grund, warum ich nach GROBSCHNITT gegangen bin. Dort habe ich mit MIST einen Multi-Keyboarder um mich und brauche diese füllende Funktion nicht alleine machen.Das fand ich damals schon bei den „Sixties“ gut mit Heinz Krause und jetzt istes noch ein bißchen extremer bei der GROBSCHNITT-Musik.Ich bin in meinem Spiel viel freier geworden, kann mehr polyphon spielen, auch mal aufhören oder über andere „drüber“ spielen, o hne dass die Klangfarbe fehlt. - Ich bekomme auch von MIST viele Anregungen für mein Spiel, weil er sehr viel von Klassik und von polyphoner Musik versteht und zudem viel Gefühl für das Bass spielen hat. Ich brauche eben nicht mehr so am Grundton zu kleben und kann öfter auch mal in der Terz spielen. Das alles entspricht jetzt vielmehr meinen eigentlichen Vorstellungen.
MT: Wiekam es, dass Du bei GROBSCHNITT eingestiegen bist ?
Milla: Ich wusste, das GROBSCHNITT einen neuen Bassmann sucht, hab´ dann sofort nachgehakt, mich mit denen unterhalten und `ne Session gemacht. Danach haben sie 2 Tage überlegt und dann haben sie mich genommen. Vor und nach mir haben auch noch andere Bassisten vorgespielt. Es hatten sich unheimlich viele Leute beworben.
MT: Wie konntest Du Dich denn so schnell dazu entschließen, bei GROBSCHNITT nachzufragen und dann die Band zu wechseln? Viele Leute sagten mir damals, sie hätten das jedem zugetraut, nur Dir nicht! Man hat Dich stark mit GREEN identifiziert..... Und die Arbeit, die man in so eine Gruppe reingesteckt hat, gibt man doch auch nicht so schnell auf, wie es bei Dir den Anschein hatte...
Milla: Es ist schon richtig, dass ich mich mit GREEN sehr identifiziert habe und außer GROBSCHNITT hätte mich in Deutschland auch keine andere Gruppe gereizt. Das hört sich jetzt vielleicht etwas seltsam an, aber es ist wirklich so. GROBSCHNITT war für mich immer eine Ausnahmeband, weil die Gruppe musikalisch und auch menschlich immer ihren eigenen Weg gegangen ist und sich nicht um ein kommerzielles Image, etc. kümmerte. Die Einstellung zum ganzen Showbusiness ist bei GROBSCHNITT z.B. ganz anders, als bei den „Ramblers“ oder „Stripes“, die sich durch Imagepflege und Anpassung sehr schnell hochgearbeitet haben, was bei GROBSCHNITT sehr viel mehr Zeit gebraucht hat.
Du kannst Dich sicherlich noch erinnern, wie ich damals in der GREEN-Zeit schon geflucht habe über die Vorstellungen der Leute, die gesagt haben: „Ihr müsst Euch ein Image schaffen. New Wave ist jetzt in, sonst kriegt ihr keinen Plattenvertrag. Ihr müsst Deutsch singen, Haare abschneiden, alles andere ist verdaute Ballaststoffe!“ - Das hat mich schon damals immer angekotzt, und GROBSCHNITT ist wohl die einzige Band, die sich immer einen Dreck um solche Sachen gekümmert hat und ihren Weg konsequent gegangen ist. Sie machen ihre Sachen wie sie es wollen, ob´s im Fernsehen oder im Radio ist. Ich glaube, sie sind bei Trenkler mal mitten im Interview rausgeflogen...
Mit diesen ganzen Schmierereien und so , die sonst an der Tagesordnung im Business sind, hat GROBSCHNITT absolut nichts zu tun.
MT: Glaubst Du denn, dass GREEN sich so dem Geschäft angepasst hätte, mit „Image“, „New Wave“, und so weiter......?
Milla: Ich glaube nicht. Aber man hätte zumindest musikalisch Kompromisse machen müssen, und so `ne Musik wie GROBSCHNITT hatten wir eh nie gemacht, was heute für eine neue Band auch unmöglich ist. Obwohl mir die Musik bei GREEN viel Spaß gemacht hat, habe ich doch gemerkt, dass ich am Bass nicht weiter kam. Das lag einerseits wohl an dem Musikstil, andererseits daran, dass ich sehr viel gesungen habe und so von vorne herein kompliziertere Sachen vermieden habe.
MT: Von GREEN nach GROBSCHNITT – ist das für Dich eine große Umstellung gewesen, was das „Betriebsklima“ betrifft ?
Milla: Irgendwie ist bei GROBSCHNITT alles viel professioneller als bei GREEN. Das fängt schon beim Üben an. Ich glaube, es gibt kaum eine andere Gruppe, die so viel und so hart arbeitet wie GROBSCHNITT. - Wenn einer beim Üben was sagen will, sind die anderen ruhig und keiner dudelt dazwischen rum. Man arbeitet also wirklich, - nicht im Sinne, dass es keinen Spaß macht, sondern man hat einfach das Gefühl, alle Leute kommen zusammen um Musik zu machen und ein bestimmtes Stück auszuarbeiten. Und dann wird auch ganz intensiv nur an diesem Stück gearbeitet. In den ersten 2 Wochen bin ich jedesmal nach dem Üben todmüde ins Bett gefallen.
MT: Wie oft übt ihr eigentlich ?
Milla:Wir üben von Montag bis Freitag jeden Tag von 14 bis 20 Uhr. Manchmal, wenn wir gut drauf sind, auch schon mal bis 22 Uhr. Dadurch haben wir entsprechend viel Zeit für die einzelnen Stücke und stehen nicht unter Zeitdruck.
MT: Habt Ihr zwecks Einhaltung der Disziplin bestimmte Regeln aufgestellt ?
Milla: Es gibt keine Regeln. Es läuft einfach. Die Leute sind alle unheimlich diszipliniert, eben alles Profis. - Ich glaube, die Disziplin ist auch mit ein Grund dafür, dass sie es so weit gebracht haben.
Jeder hat auch noch seine Sachen, die er außerhalb der Gruppe machen muss. EROC macht den ganzen Technikkram und seine eigenen Sachen.... Lupo das Management....
MT: Was machst Du denn außerhalb des Übens ?
Milla: Ich übe zu Hause für mich. Jetzt hab´ ich noch das Taurus-Bass-Pedal von „moog“ dazubekommen.
MT: Wie gehst Du beim Üben vor? Hast Du ein Lehrbuch, oder hörst Du Dir was von den Platten raus ?
Milla: Ich spiele einfach, was mir so einfällt, weil ich nicht imitieren, sondern meine eigene Technik verbessern will. Ich habe eigentlich kein bestimmtes Lernkonzept. - Und dann muss ich natürlich noch die alten Stücke von GROBSCHNITT einüben.
MT: Übst Du nicht mit der Gruppe die alten Stücke ein ?
Milla: Nein, im Moment machen wir nur die Stücke für die neue LP fertig.
MT: Ist es schwer für Dich, die Sachen von POPO nachzuspielen ? -Jeder hat ja irgendwie seinen eigenen Stil...?
Milla: POPO hat zum Glück einen ähnlichen Stil wie ich und spielt auch mit Plektrum. Sonst wäre es wahrscheinlich schwerer geworden.
MT: Ist die neue GROBSCHNITT – Musik anders als die frühere ?
Milla: Das ist schwer zu sagen. Ich habe den Eindruck, dass sie zum Teil etwas rockiger, härter geworden ist. Trotzdem kommt der typische GROBSCHNITT-Stil noch voll zur Geltung. Ich fahre auf die neuen Sachen voll ab, und sie gefallen mir noch besser, als die alten. Das mag aber auch daran liegen, dass man zu der Musik, die man selbst mitentwickelt hat, eine ganz andere Beziehung hat, als wenn man sie als Außenstehender hört. Ich mache halt jetzt die Musik, die ich schon immer machen wollte, und bin natürlich ziemlich enthusiastisch.
MT: Singst Du bei GROBSCHNITT auch so viel wie bei GREEN ?
Milla: Nein, in erster Linie bin ich Bassist und kann mich jetzt wesentlich mehr aufs Bassspiel konzentrieren. Ich brauche nicht so viel zu singen und das tut mir auch ganz gut. Bei GREEN habe ich ja in erster Linie gesungen und eigentlich nur „nebenbei“ Bass gespielt. Jetzt singe ich meistens nur bei mehrstimmigen Passagen, mit WILDSCHWEIN und TONI zusammen. Das mache ich noch sehr gerne, weil ich dabei nicht die tragende Rolle spiele. Es macht einfach Spaß, weil die Leute gut sind, gesanglich und spielerisch.
Was auch sehr wichtig für mich ist, das ist EROC am Schlagzeug. Für den Bassisten istja das Zusammenspiel mit dem Schlagzeuger eigentlich das Wichtigste. Der Rhythmus muss rüber kommen. EROC ist für mich wirklich der beste Schlagzeuger, den ich kenne. Das ist natürlich Geschmackssache, aber ich finde ihn unheimlich gut, weil er wahnsinnig viele Sachen drauf hat, und ich kann noch viel von ihm lernen. Ich glaube auch, dass wir beide sehr gut miteinander harmonieren. EROC spielt natürlich auch schon sehr lange, aber er hat auch genau den Stil, auf den ich schon immer abgefahren bin und wie ich es mir vorgestellt habe. Er spielt unheimlich locker und mit so viel Tricksereien, auf die ich dann eingehen kann. Er weiß genau, was er macht, und das gibt mir auch viel Sicherheit. Es macht einfach viel Spaß und ich bin wirklich froh, dass ich mit ihm zusammen spielen kann.
MT: Glaubst Du, dass man von GROBSCHNITT irgendwann eine Hit-Single erwarten kann ?
Milla: Das kann man schlecht sagen. Wir geben uns dahingehend eigentlich nicht besonders viel Mühe. GROBSCHNITT ist eine reine LP-Band. Wir verkaufen LPs, die eine breite Basis haben und auch noch nach Jahren gekauft werden. Allerdings würde wohl niemand eine Single schlecht finden.
MT: Darfst Du über Deinen Vertrag mit GROBSCHNITT sprechen ?
Milla: Bis jetzt habe ich noch keinen Vertrag mit GROBSCHNITT gemacht.
MT: Wie bist Du denn finanziell abgesichert? Bekommst Du von GROBSCHNITT einen festen „Monatslohn“ ?
Milla:Wenn ich mal Geld brauche, gehe ich hin und bekomme es auch. Wie jetzt den „Taurus“, den hat die Gruppe mir gekauft. Allerdings interessieren mich die Geldangelegenheiten auch nicht besonders. Ich bin nicht zu GROBSCHNITT gegangen, um das große Geld zu machen, wie bestimmt viele geglaubt haben, sondern weil ich hier meine musikalischen und kreativen Ideen verwirklichen kann. Wenn ich scharf auf Geld wäre, wär´ ich nie Rockmusiker geworden, sondern würde als Lehrer jeden Monat mein Gehalt kassieren, - da könnte ich viel sicherer leben.... bis zur Rente !!!
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Danke Mocki für die Arbeit, die du dir gemacht hast das ganze
Interview abzutippen. War sehr interessant die Gedanken Millas
zu Beginn seiner Grobschnitttätigkeit zu erfahren.
Exil-Hagener hat geschrieben:Mocki, jetzt sag nicht, die hast Du mit 13 Jahren schon gelesen?
Wahnsinn, was einige hier so noch im Keller haben.
Nee,nee E.H. ! Mit 13 war ich noch glühender ELO-Fan und wusste von der Hagener Szene noch gar nix....
Die Musikertreff-Heftchen schlummern alle noch in meinem "Archiv"
Aus einigen wurde ja auch schon zitiert....
So wie es meine Zeit zulässt, werde ich hier immer wieder mal was "einfließen lassen".....
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@Milla:
Eines würde mich mal interessieren: Spielst Du eigentlich immer noch den alten Rickenbacker (der im Interview erwähnt ist), oder hast Du irgendwann mal einen neuen gekauft?
Das hast du alles abgetippt!?? Danke, Mocki !!! Und ich glaube hier hat niemand was dagegen, wenn du noch weitere historische Dokumente ausgräbst Echt schön!!!
Ein tolles Interview, sehr aufschlussreich in jeder Beziehung und ergänzend zu dem, was Milla bereits über seinen Eintritt in die Band geschrieben hat.
Dankeschön!!!
Irmi
MatD hat geschrieben:Die Passage mit dem Lehrer und der Rente ist gut.
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Ja, da hab ich auch mal geschmunzelt. Aber es gibt noch mehr Passagen, die äußerst interessant sind..
Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht ! Keep smiling ...
Mensch Mocki, da hast du dir ja eine wahnsinnige Arbeit gemacht! Auch für mich ist es natürlich interessant, dieses Interview nach so langer Zeit zu lesen, also vielen Dank dafür. Für mich besonders bemerkenswert ist, dass sich meine heutigen Ansichten von den damaligen in Bezug auf Musik und Kommerzialität in keinster Weise unterscheiden. Ich kann nach wie vor zu allen Aussagen stehen. Der letzte Satz ( mit dem Lehrer und dem Geld) wirkt natürlich aus der heutigen Sicht etwas seltsam, aber in meiner damaligen Situation gab es für mich nichts Schlimmeres als mein Leben zu verplanen und jeden Tag das gleiche zu tun, mit anderen Worten: bis zur Rente abgesichert sein Leben vor sich zu sehen. Ich hatte 1978 mein zweites Lehrerexamen gemacht und hätte dank eines guten Abschneidens und gesuchter Fächer sofort eine Stelle bekommen können, als Beamter auf Lebenszeit: damals ein absoluter Horror für mich. Wir hatten nun mal ganz andere Vorstellungen von unserer Zukunft und auch wenn mein erster Sohn schon unterwegs war (er kam dann im September), war für mich klar, dass ich kein Lehrer sein, sondern ein anderes Leben führen wollte. Dazu gehörte mehr Mut und Risikobereitschaft, ohne Sicherheit und Absicherung, aber voller Kreativität und Abenteuer und ich habe es natürlich nie bereut. Hinzu kam, dass mir schon während meiner Ausbildung klar wurde, dass ich eine ganz andere Vorstellung von Schule hatte, als sie in unserer Gesellschaft praktiziert wird, obwohl ich immer gerne unterrichtet habe. Wenn ich nach der Auflösung von Grobschnitt allerdings nicht die Waldorfpädagogik entdeckt hätte, die meinen ideellen Vorstellungen genau entsprach, wäre ich auch zu der Zeit nicht wieder Lehrer geworden, da hätte es andere Alternativen gegeben. Jetzt liebe ich meinen Beruf und stehe voll hinter dem, was ich tue, aber wer weiß, ob ich es bis zur Rente mache und das Beamtentum für Lehrer lehne ich nach wie vor ab (bin auch keiner).
Zu Uwes Frage nach meinem Bass: Ja, ich spiele immer noch meinen „alten“ Rickenbacker. Das Instrument, was ich zur Zeit auf der Bühne spiele ist immer noch dasselbe, das ich auch auf Illegal gespielt habe. Ich habe es jetzt 35 (!!) Jahre und es wird immer besser. Mein Bass ist was ganz Besonderes für mich, in der Hinsicht bin ich schon fast sentimental. Ich würde kein anderes Instrument spielen. Erstens werden gute Instrumente im Alter immer besser (soll es ja bei Musikern auch geben ) und zweitens würde ich es dem Rickenbacker gegenüber als gemein empfinden, wenn er die schönen Konzerte nicht mitmachen dürfte. Meine Spielweise habe ich auch nie verändert, warum auch, ich habe meinen eigenen Stil und damit kann ich mich am besten ausdrücken (nach wie vor mit Plektrum).
Viele Grüße,
Milla
When we feel, when we dream, when we love, we can meet there beyond Rockpommels Land.
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